Wolkenberg: Erstaunliche Weine aus der Lausitz

Wein aus Brandenburg? Das klingt nicht lecker. Geschweige denn süffig oder gar – pardon – geil. Bis man sich durch die Weine vom Wolkenberg probiert. Von wo? Wolkenberg? Wat is denn ditte?

„ … die Rekultivierung bringt Überraschungen: ein künstlich aufgeschütteter Berg … wurde 2010 zum Weinberg.

Der Wolkenberg war einmal ein Hügel südwestlich vor dem kleinen Ort (20 Gehöfte ein Gutshof, eine Kirche) gleichen Namens in der Niederlausitz – die nächste vielleicht bekannte Stadt ist Spremberg. Dann kamen 1991 die Bagger des Braunkohletagebaus Welzow-Süd und fraßen sich zwei Jahre durch den Boden der ursprünglich sorbischen Gemeinde. Sie hinterließen, weil sie nicht anders können, eine wüste Landschaft.

Doch die Rekultivierung bringt Überraschungen: ein künstlich aufgeschütteter Berg, entstanden am Reißbrett nach Plänen von Weinfachleuten und Wissenschaftlern, wurde 2010 zum Weinberg. Auf 6 ha gedeihen am Hang mit elf Grad Neigung in süd-südwestlicher Richtung 26.600 Weinreben. Es sind Winterfrost-harte Sorten, traditionelle wie Weiß- und Grauburgunder, Züchtungen wie der Schönburg (gibt’s seit 1939) und mit Cabernet Dorsa und Ronda auch zwei Piwis, also pilzwiderstandsfähige Neuzüchtungen.

Ganz so neu ist der Weinbau in Brandenburg übrigens nicht: vor 200 Jahren hatte Brandenburg rund 750 ha, das ist mehr als Sachsen heute. Aber durch Kriege, Klimawandel und durch die Reblaus nahm der Weinbau in Brandenburg endgültiger ein Ende als anderswo.

Die Weine vom Wolkenberg werden in Meißen von Martin Schwarz ausgebaut. Schwarz gilt vielen als bester Winzer Sachsens, seine meist im Barrique ausgebauten Weine tragen seine ganz unverwechselbare Handschrift. Auf dem Wolkenberg teilt er sich zusammen mit Bettina Muthmann die Arbeit: sie ist die Winzerin vom Wolkenberg und für die tägliche Arbeit im Weinberg zuständig, Schwarz für den Ausbau in seiner Weinmanufaktur am Mariaberg.

Dort entstehen dann Weine, die deutlich besser schmecken als die schnöde Bezeichnung Landwein vermuten lässt – und viele zielen ganz bewusst auf die Klientel Gastronomie, weil sie zu einem vertretbaren Preis (nicht billig, aber preiswert) eine Menge Geschmack mitbringen und fabelhafte Es-sensbegleiter sind.

Die erstaunlichen Weine aus dem Tagebau

Der Feierabend 2018“ beispielsweise ist ein Rotling – also ein rosa gekelteter Rotwein (in diesem Fall „Rondo“, der betörende Frucht gibt), dem jeweils ein My der Sorten Weißburgunder, Grauburgunder und Kernling hinzugefügt wurde, um ihn süffiger zu machen – und auch, um den Alkoholgehalt zu senken.

„Ohne diesen Trick hätten wir einen Rosé mit 16% vol Alkohol bekommen – und das braucht kein Mensch!“ sagt Tina Muthmann.

Der Wein zum Feierabend (der Name ist da Programm…) hat eine Ergänzung für arbeitsfreie Tage – „Wochenende 2016“ heißt der und ist ein Kernling, der zu 1/3 im Barrique und 2/3 im Stahltank ausgebaut wurde, um ihm die nötige Frische zu geben.

Spannend und nicht so bekannt ist der „Schönburger“, eine Züchtung aus dem Jahr 1939. Der Züchter Heinrich Birk hätte sie gerne „Rosa Muskat“ genannt, weil er Spätburgunder und Pirovano 1 gekreuzt hatte und in der Pirovano roter Gutedel und Muskat-Trollinger stecken – kein Wunder also, dass man die Muskatnote deutlich erkennt. Bettina Muthmann empfiehlt den Schönburg als Aperitifwein oder zum Dessert.

Einer der überzeugendsten Weine ist die Cuvée Grauweiss“. Den Jahrgang 2016 gibt es erst jetzt, so hatte er Zeit, sich auf der Flasche zu entwickeln.

„In der Gastro ist der ideal für Tische, wo zwar Fleisch gegessen wird, es aber kein Rotwein sein soll“, empfahl Bettina Muthmann ihn bei einer Verkostung.

60 % Grauburgunder und 40% Weißburgunder, am 10. Oktober 2016 hochreif (94 Grad Öchsle!) mit selektiver Handlese in Eimern gelesen, sind die Basis dieses Gaumenschmeichlers, der nach einer Maischestandzeit von Stunden eine klassische, langsame Gärung bei 16 °C hinter sich hat.

Warum steht da nicht Qualitätswein drauf, wo da doch so eine Qualität drin ist? Weil das nicht geht bei einem Landwein. Aber man muss ja nicht immer alles lesen, man muss es manchmal nur erschmecken. So wie es 2013 die Stare taten, die in Scharen kamen und die komplette Lese vernaschten …

 

Ein kleiner Rundgang durch den Weinberg Wolkenberg

Weitere Informationen:

wolkenberg gmbh
Dreifertstraße 9 · 03044 Cottbus
Telefon (0355) 380350
info(@)wolkenberg-gmbh.de
Montag bis Donnerstag 8:30 bis 17:30 Uhr
und Freitag 8:30 bis 15:00 Uhr

weinmanufaktur am mariaberg
Martin Schwarz
Dresdner Straße 71 · 01662 Meissen
Telefon (0351) 895 60 72
kontak(@)schwarz-wein.de

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